An Bukarests Flughafen Otopeni gelten nun die Schengen-Regeln. Foto: dpa/Andreea Alexandru

Für die osteuropäischen Neulinge gilt eine eingeschränkte Reisefreizügigkeit. Grenzkontrollen entfallen zunächst nur im Flug- und Schiffsverkehr.

Ausgerechnet aus jenem Land, das den beiden frischgebackenen Schengen-Neulingen Bulgarien und Rumänien die gesamten Vorzüge der Reisefreizügigkeit noch blockiert, ist am Ostersonntag das erste Flugzeug auf dem Otopeni-Flughafen in Bukarest angekommen. Der Premierenflug ohne Grenzkontrolle im Schengen-Raum sei „ironischerweise“ der der Austrian Airlines aus Wien gewesen, berichtete Valentin Iordache, der Sprecher von Rumäniens nationaler Flughafengesellschaft.

Österreichische Wahltaktik

Österreichische Wahltaktik

Es waren vor allem wahltaktische Gründe in Österreich, die für diese halbe Schengen-Erweiterung gesorgt hat. Weil die regierende, aber um ihre Wiederwahl bangende ÖVP beim Kampf um die Stimmen im rechten Lager vor allem mit dem Thema der illegalen Immigration zu punkten hofft, verweigert Wien den Donau-Anrainern per Veto die Vollmitgliedschaft. Nur mit ihren Luft- und Seegrenzen, aber nicht mit ihren Landesgrenzen sind Bulgarien und Rumänien darum seit Sonntag die Mitglieder Nr. 28 und 29 der Schengen-Zone.

Bei Reisen aus und in die Schengen-Zone entfallen an den Flughäfen und Seehäfen bis auf Stichproben nun die zeitraubenden Pass- und Zollkontrollen. An den Landesgrenzen stauen sich zum Ärger der über Millionenverluste klagenden Wirtschaft indes weiter die Lkw-und Pkw-Kolonnen im Abfertigungsverkehr. Und auch der Frachtverkehr auf der Donau muss weiter kontrolliert werden und bleibt so von den zollpapierfreien Schengen-Segnungen ausgenommen.

Nach Angaben von Rumäniens Transportgewerkschaft mit Namen UNTRR betragen die Wartezeiten für Lkw an der ungarischen Schengen-Grenze zwischen acht und 16 Stunden und an der Grenze zu Bulgarien gar 20 bis 72 Stunden. Lediglich drei Prozent der bulgarischen Güter würden auf dem Luft- und Seeweg, die anderen 97 Prozent auf dem Landweg transportiert, umschreibt Vasil Velew, der Präsident von Bulgariens Industrieverband (BICA) gegenüber der Nachrichtenagentur AFP das Dilemma der Schengen-Neulinge: „So sind wir zu drei Prozent in Schengen, aber wir wissen im Moment leider nicht, wann wir dort mit den anderen 97 Prozent sein werden.“ Doch lieber ein solcher als gar kein Beitritt, so die Einschätzung in Rumänien und Bulgarien. 13 Jahre nach ihrem EU-Beitritt ist den beiden Nachbarn trotz der Wiener Widerstände nun immerhin der späte Teilbeitritt zu der über 400 Millionen Menschen zählenden Schengen-Zone geglückt, der außer den 25 EU-Mitgliedern auch noch Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz angehören. „Dies ist ein großer Erfolg für beide Staaten und ein historischer Moment für den Schengen-Raum“, versichert Europas ranghöchste Werksjublerin und EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen.

Für die beiden Donau-Nachbarn ist der Teilbeitritt zu Schengen „light“ aber ohnehin nur der erste Schritt zu der noch von Österreich blockierten Vollmitgliedschaft. Es gebe „keine Zweifel“, dass der Beitrittsprozess „unumkehrbar“ sei, so Rumäniens Innenminister Catalin Predoiu: Die Ausweitung der Schengen-Mitgliedschaft auf die Landesgrenzen müsse bis Jahresende abgeschlossen sein.

Kroatien wurde durchgewunken

Kroatien wurde durchgewunken

Sofia und Bukarest setzen darauf, dass sich nach den österreichischen Wahlen die Wiener Blockadehaltung aufweichen dürfte. Ein Schengen-System, das nicht funktioniere, könne man nicht ausweiten, lautet vorläufig allerdings weiter das Dauercredo der ÖVP-Stimmenjäger in Wien: Ihre Verweigerungshaltung rechtfertigen sie mit der anhaltend hohen Zahl von illegalen Grenzübertritten auf der sogenannten Balkanroute.

Widersprüchlich wirkt, dass Österreich den 2023 erfolgten Schengen-Beitritt Kroatiens ohne jegliche Beanstandung durchgewunken hat: Über das Territorium des jüngsten EU-Mitglieds Kroatien versuchen wesentlich mehr der unerwünschten Transitflüchtlinge, nach Westen zu gelangen als über Rumänien.